Asthma und Tabak
Das Einatmen von Zigarettenrauch fördert bronchiale Entzündungen und Überempfindlichkeit. Dies kann zur Auslösung asthmatischer Krisen beitragen und sie vor allem verschärfen!
Für Ungeborene und Kinder stellt das Rauchen ein Risikofaktor für späteres Asthma dar.
Asthma im Erwachsenenalter wird durch aktives und passives Rauchen verschlimmert
Asthma ist eine chronische Erkrankung, die zur Entzündung und Verengung der Bronchien führt, was die Atmung, also das Ein- und Ausatmen, beeinträchtigt. In der Schweiz ist jedes 10. Kind und jede:r 14. Erwachsene betroffen. Die nachstehende Infobroschüre beschreibt das Krankheitsbild allgemein.
Aktiv- und Passivrauchen verschlimmern Asthma
Asthmatiker:innen rauchen ebenso viel wie andere. Doch besteht Evidenz dafür, dass Tabakkonsum zu einer Aggravation von Asthma führt. Das Rauchen beschleunigt die Verschlechterung der Atemfunktion.
So liess sich bei 18- bis 30-jährigen Rauchenden über einen Zeitraum von 10 Jahren eine Abnahme der Einsekundenkapazität (FEV1*) von 17,8 % nachweisen, während sie bei Nichtrauchenden 10,1 % betrug. Zudem verschärfte sich Asthma bei Rauchenden häufiger und stärker. (1)
Dasselbe gilt für Hospitalisierungen. Asthmatische Krisen, die eine notfallmässigen Einweisung in die Intensivpflege erfordern, sind bei Rauchenden häufiger. Hinzu kommt, dass Tabakkonsum die Wirksamkeit von Asthmatherapien beeinträchtigt. Und die asthmabedingte Sterblichkeit ist bei rauchenden Asthmatikern grösser.
* Einsekundenkapazität («Forced Expiratory Volume in 1 second», FEV1): Die getestete Person atmet möglichst stark und lange aus. Das so ausgeatmete Luftvolumen in der ersten Sekunde wird als FEV1 bezeichnet.
Wieso macht Rauchen Asthma schlimmer?
Mehrere Mechanismen erklären diesen Zusammenhang.
- Der Tabakrauch entfaltet eine entzündliche Wirkung und führt zu vermehrtem Auftreten nichtspezifischer bronchialer Hypperreagibilität (NSBHR).
- Zudem verringert das Rauchen die Wirksamkeit oral verabreichter oder inhalierter Kortikoide. Diese Kortisonresistenz ist bislang ungenügend erforscht.
- Rauchende Asthmatiker:innen beachten die Behandlungsvorgaben und die Patientenschulungen der Ärzteschaft weniger.
Ein Rauchstopp kann für asthmatische Raucher:innen nur positiv sein: weniger Husten, weniger Atempfeifen und bessere FEV1. (2)(3)(4)
Und das Passivrauchen?
Auch das Passivrauchen wirkt sich negativ auf Asthma aus. Eine Fall-Kontroll-Studie in Familien mit 2048 Testpersonen hat ergeben, dass der Schweregrad von Asthma mit dem Tabakstatus der Ehepartner:innen assoziiert ist. (5)
Jüngere Studien berichten für erwachsene asthmatische Nichtrauchende, die Passivrauch ausgesetzt sind, von einer verminderten Atemfunktion und von stärkeren Atemwegssymptomen (Pfeifen, Atemnot, Husten und Auswurf) als bei Nichtasthmatiker:innen, insbesondere bei Frauen. (6) Eine Passivrauchexposition könnte sich auf das Immunglobulin E (IgE) auswirken, das als Ursache für Asthma gerade bei Frauen eine zentrale Rolle spielt. (7)
Passivrauchen: Risikofaktor für Asthma bei Kindern
Passivrauch macht bei asthmatischen Kindern Asthmakrisen häufiger und wirkt sich auf die Reifung des Immunsystems aus. Zehn Studien haben gezeigt, dass Passivrauchen vor allem durch die Mutter die Häufigkeit und Schwere von Asthmakrisen bei Kindern mit diagnostiziertem Asthma steigert. 26 Studien haben bei Kindern, die von Passivrauch, insbesondere mütterlicherseits, betroffen sind, ein 50-prozentiges Überrisiko von Husten, Pfeifen und Auswurf nachgewiesen. (16)
Vor- und nachgeburtliche Rauchexposition wurde als Faktor für das Auftreten von Asthma bei Kindern nachgewiesen. (8) Eine transversale Studie im Rahmen des National Health Interview Survey (NHIS) mit 4331 Kindern im Alter von 0 bis 5 Jahren hat ergeben, dass die Asthmaprävalenz bei Kindern einer Mutter, die täglich ein halbes Paket raucht, mit 4,8 % grösser ist als bei nichtrauchenden Müttern (2,3 %). (9)
Eine Metastudie und Literaturreview kam zum Schluss, dass das Risiko von Asthma bei vor- oder nachgeburtlicher Rauchexposition um 21 bis 85 % grösser ist. (10) Überdies hat eine Studie gezeigt, dass nichtallergisches Asthma bei Kindern, deren Vater vor der Zeugung rauchte, signifikant häufiger ist. Dieses Risiko nimmt zu, je früher der Vater mit Rauchen angefangen hat und je länger er schon raucht. (11)
Eine vorgeburtliche Rauchexposition generiert auch ein generationenübergreifendes Risiko. Wenn eine Grossmutter mütterlicherseits rauchte, als sie ihre Tochter erwartete, ist das Asthmarisiko für das Enkelkind erhöht. (12) Tierstudien haben ergeben, dass der asthmatische Phänotyp bis zur 2. oder 3. Generation weitergereicht wird, sogar bei völligem Ausbleiben einer späteren Rauchexposition. Das heisst also, dass epigenetische Veränderungen auftreten. (13)
Heute ist erwiesen, dass Passivrauchen im Zusammenspiel mit dem Erbgut das Asthmarisiko steigert. Eine diesbezügliche Studie hat ein relatives Risiko (RR) ergeben, das bei Passivrauchexposition 1,97, bei Familienanamnese mit Asthma 2,64 und bei Vorliegen beider Faktoren 12,69 beträgt. (14)
Auch wurde nachgewiesen, dass eine Passivrauchexposition während der Kindheit mit einem gesteigerten Risiko einhergeht, als Erwachsener Bronchialasthma zu entwickeln und an chronischen Atemwegssymptomen zu leiden. (15)
Aktivrauchen: Risikofaktor für Asthma bei Erwachsenen
Rauchen ist ein wichtiger Risikofaktor für spät auftretendes (intrinsisches) Asthma. Die epidemiologische Evidenz einer Verbindung zwischen Aktivrauchen und Asthma ist noch nicht etabliert. Doch legen die meisten Studien, die sich mit einer Verbindung zwischen Rauchen und Asthma befassen, nahe, dass Rauchende ein erhöhtes Risiko haben.
Rauchen ist ein wichtiger Risikofaktor für spät auftretendes (intrinsisches) Asthma. Eine epidemiologische Evidenz für die Assoziation zwischen Aktivrauchen und Asthma liegt bislang nicht vor. Doch legen die meisten Studien, die sich mit einer Verbindung zwischen Rauchen und Asthma befassen, nahe, dass Rauchende ein erhöhtes Asthma-Risiko haben. Dieses Risiko nimmt mit der gerauchten Menge zu (Schwelle bei 20 Packungsjahren). (17)
Dieses Risiko ist speziell bei Frauen (insb. unter 25-jährige Schwerraucherinnen) und Allergikern grösser. (18) Eine Kohortenstudie hat gezeigt, dass bei erwachsenen Allergikern und Allergikerinnen das Rauchen stark prädiktiv ist für das Auftreten von Asthma und einen Dosis-Wirkungs-Effekt aufweist. (19) Dies legt ein Zusammenspiel zwischen Allergie und Tabak nahe, das zur Entwicklung des asthmatischen Phänotyps beiträgt.
E-Zigarette und Asthma
Es bestehen keine Daten zur allfälligen langfristigen Wirkung des E-Zigaretten-Konsums auf Inzidenz und Aggravation von Asthma.
Eine Studie zum Rauchverhalten von Erwachsenen, die an verschärftem Asthma leiden, hat ergeben, dass ein Drittel der Asthma-Patientinnen und ‑Patienten, die sich in Intensivpflege befinden, Zigaretten-Raucher:innen sind. Asthmatische Rauchende weisen oft stärkere Symptome, schneller verringerte Lungenfunktionen und eine kurzfristig beeinträchtigte Therapiereaktivität auf Kortikoide auf. (20)(21)
An Asthma leidende Raucherinnen und Raucher sollten dringend zum Aufhören aufgefordert werden. Dabei ist aber unklar, ob E-Zigaretten eine grundsätzlich sicherere Alternative zu herkömmlichen Zigaretten darstellen.
Heute ist erwiesen, dass die aktuellen E-Zigaretten-Systeme die Liquide pyrolysieren können. Die grosse Hitze verändert die enthaltenen Stoffe und generiert bekannte atmungsaktive Toxine wie Acrolein, Formaldehyd und Acetaldehyd.
Deshalb darf davon ausgegangen werden, dass allgemeine Aussagen zur angeblichen Sicherheit von E-Zigaretten unbegründet sind, denn zur Toxizität der inhalierten Stoffe liegen grossmehrheitlich keine Daten vor. Dies ist für Menschen, die an einer Lungenerkrankung wie Asthma leiden, umso zutreffender.
Die gebräuchlichen Aromastoffe, die in den Liquiden und Aerosolen von E-Zigaretten oft in grosser Konzentration vorliegen, weisen chemische Ähnlichkeiten mit Reiz- und Sensibilisierungsstoffen der Atemwege auf und sind als Verursacher von Berufsasthma gemeldet. Zudem kann beim Rauchen von E-Zigaretten die Exposition mit solchen Stoffen die am Arbeitsplatz geltenden Grenzwerte überschreiten. (21)
Aus allen diesen Gründen empfehlen wir den Asthmatikerinnen und Asthmatikern zum aktuellen Kenntnisstand, das Rauchen vollständig aufzugeben. Dazu können sie Nikotinersatzmittel und, unter Anleitung einer Fachperson, Medikamente mit wissenschaftlich erwiesener Wirkung verwenden, wie zum Beispiel Bupropion und Cytisin.
Literatur
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- Tonnesen P et al. Effects of smoking cessation and reduction in asthmatics. Nicotine Tob Res 2005; 7: 139–148.
- Piccillo G et al. Changes in airway hyperresponsiveness following smoking cessation Respir Med 2008; 102: 256–265.
- Chaudhuri R et al. Effects of smoking cessation on lung function and airway inflammation in smokers with asthma. Am J Respir Crit Care Med 2006; 174: 127.
- Val ́erie Siroux, Marie-Pierre Oryszczyn, Rapha ̈elle Varraso, Nicole Le Moual, Jean Bousquet, et al.. [Environmental factors for asthma severity and allergy: results from the EGEA study].Re-vue des Maladies Respiratoires, Elsevier Masson, 2007, 24 (5), pp.599-608.
- Kunzli N, Schwartz J, Stutz EZ, Ackermann-Liebrich U, Leuenberger P : Association of environmental tobacco smoke at work and forced expiratory lung function among never smoking asthmatics and non-asthmatics. The SAPALDIA-Team. Swiss Study on Air Pollution and Lung Disease in Adults. Soz Praventivmed 2000 ; 45 : 208-17.
- Oryszczyn MP, et al Relationships of active and passive smoking to total IgE in adults of the Epidemiological Study of the Genetics and Environment of Asthma, Bronchial Hyperresponsiveness, and Atopy (EGEA). Am J Respir Crit Care Med. 2000.
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- Weitzman M, Gortmaker S, Sobol A : Maternal smoking and behavior problems of children. Pediatrics 1992 ; 90 : 342-9.
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- Yu-Fen Li, PhD, MPH; Bryan Langholz, PhD; Muhammad T. Salam, MBBS, MS; Frank D. Gilliland, MD, PhD Maternal and Grandmaternal Smoking Patterns Are Associated With Early Childhood Asthma CHEST. 2005;127(4):1232-1241.
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- citées in C. Raherison, A. Taytard, I. Annesi-Maesano, Tabagisme, asthme et phénotypes associés. Approche épidémiologique, Revue des Maladies Respiratoires, Vol 20, N° 2 – avril 2003, pp. 233-247.
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- Silverman RA, Hasegawa K, Egan DJ, Stiffler KA, Sullivan AF, Camargo CA. 2017. Étude multicentrique sur le tabagisme chez les adultes souffrant d’exacerbations d’asthme aux urgences, 2011-2012. Respir Med. 2017 ; 125 : 89–91.
- Clapp, PW et Jaspers, I. 2017. Cigarettes électroniques : leurs composants et leurs liens potentiels avec l’asthme. Rapports actuels sur les allergies et l’asthme , 17 (11), 79.
Weitere Quellen
- Polosa R and Thomson Neil C, Smoking and asthma: dangerous liaisons, ERJ March 1, 2013 vol. 41 no. 3 716-726
- C. Charpenntier-Chaix C et al, Asthme et tabac : association dangereuse, Revue des maladies respiratoires, 2014,
- M. Underner a, J. Perriot b, G. Peiffer c, J.-C. Meurice a, Influence du tabagisme sur le risque de développement de l’asthme, Revue des Maladies Respiratoires, Volume 32, numéro 2, pages 110-137 (février 2015)
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